Mein Erlöser lebt - Filmbesprechung

Am 13. Oktober lief um 23:15 Uhr im SWR der Film "Mein Erlöser lebt" von Tobias Müller.

Der Film hatte am 9. Oktober Premiere im Cinema, Stuttgart.

Der ursprüngliche Titel war "Die neuen Kreuzritter". Die erste Ankündigung bei cleansed.de datierte auf den 20. August 2008. Damals folgte sehr bald eine Protestnote von Peter Wenz an uns wegen dieser Ankündigung, die aber ohnehin frei im Internet auf der Site von Filmtank zu lesen war.

Beim SWR-Ankündigungstest kommt Tobias Müller zu Wort. Er sagt zur Filmentstehung: 

"Alles andere als ein einfaches Unterfangen, denn mir wurde von oberster Instanz deutlich gemacht, dass ein Film nur mit der »richtigen Geisteshaltung« entstehen könne. Trotzdem ist mir ein spannender Einblick hinter die dicken Mauern dieser Parallelgesellschaft gelungen."

Ich unterstelle mal, dass Tobias Müller mit "oberster Instanz" in diesem Fall nicht Gott gemeint hat ...

In dieser Filmbesprechung möchte ich nach und nach einige Auschnitte und Aussagen aus dem Film untersuchen im Hinblick auf ihre mögliche Relevanz zum Thema Geistlicher Missbrauch.

Der Film ist mit interessanten atmosphärischen Natur- und Stadtaufnahmen von Stuttgart versehen, was ich sehr ansprechend fand. Die Kameraperspektiven haben mir auch gefallen, nicht selten waren sie wie aus einer Stuhlreihe heraus gefilmt.

Der Film verzichtete auf einen Kommentarton. Nicht einmal die Fragen des Interviewers waren hörbar.

So kommt der Film ruhig und gut gegliedert herüber. Es fällt nicht schwer, die Inhalte den Bildern und Worten zu entnehmen. Drei Mitglieder der BGG wurden über Monate hinweg filmisch begleitet: Michael, Martina und Rosi. Sie erzählen und sind abwechselnd zu sehen. Darüber hinaus kommt der Leiter Peter Wenz einige Male zu Wort. Der Film beginnt und endet mit Eindrücken aus dem Olympiastadion Berlin, vermutlich von der Veranstaltung "Calling all nations" vom Sommer 2006.

Zur Besprechung.

1. Nach etwa einer Stunde Laufzeit wird Peter Wenz´ Stimme hörbar, ohne dass er mit diesen Worten gezeigt wurde. Zitat:

"Eines Tages sprach Gott zu mir. Ich werde es nie vergessen: >Peter, wenn ich dich als Pastor gesetzt habe, kann niemand dich absetzen. Solange ich will, dass du da bist, kann niemand etwas tun. Wenn du in meinem Willen bist.<"

Diese Äußerung ist deswegen geistlicher Missbrauch, weil er das öffentlich sagt.
Peter Wenz behauptet also, dass Gott ihn gesetzt hat. Diese Formulierung erinnert an eine Bibelstelle des NT:

1. Korinther 12, 28
Und die einen hat Gott in der Gemeinde gesetzt erstens zu Aposteln, zweitens [andere] zu Propheten, drittens zu Lehrern, sodann [Wunder-]Kräfte, sodann Gnadengaben der Heilungen, Hilfeleistungen, Leitungen, Arten von Sprachen.

Gleichzeitig behauptet Peter Wenz mit dieser Aussage, dass seine Position von Gott für einen einstweilen unbegrenzten Zeitraum festgelegt wurde. Er tritt also gegenüber seinen Zuhörern auf als jemand, der von Gott autorisiert ist. Er suggeriert, dass er seit Beginn seines Pastorenberufes im Willen Gottes gewesen ist, da er ja noch nicht abgesetzt wurde. Menschen haben ihn ja schließlich nicht eingesetzt, sondern Gott. Und Gott macht ihn durch Menschen unantastbar, solange er im Willen Gottes ist.

Wenn Peter Wenz das für sich behalten hätte, dann wäre es kein Problem für andere. So aber tritt er auf als einer, der sich selbst als von Gott gesandt empfiehlt. Welche Chance haben dann z. B. die Mitglieder und die Interessenten der BGG? Nur zwei - entweder diesem vermeintlich unfehlbaren Mann Gottes ganz folgen oder fernbleiben.

Dieses Zitat von Peter Wenz ist das krasseste, was ich seit langem gehört habe. Gut für uns ist aber, dass Herr Wenz nur im eigenen Kreise Kritik und Hinterfragen unterdrücken kann. Außerhalb des Systems - und das ist typisch - merkt man doch sehr schnell, wohin die Reise geht. Das Zitat ist geistlicher Missbrauch (genauer Machtmissbrauch) in Reinstform!

Dieses Zitat erinnert an "Jesus he knows me" von Genesis (s.a. Youtube.com), an ex cathedra, an den Unfehlbarkeitsanspruch, an Unantastbarkeit. Es erinnert an alle Verführer, die daherkamen und sich als von hoher Macht gesendet präsentierten.

Das Prekäre ist, dass Peter Wenz als Vehikel nun gerade die christliche Botschaft und den Namen Jesu und Gottes hernimmt und missbraucht. Das macht seine Nähe für seine willfährigen Nachfolger zugleich süß. Mit Speck fängt man Mäuse.

Ich glaube nicht, dass Gott so zu ihm geredet hat. Sondern das Zitat zeigt, dass der Wunsch nach Macht in Peter Wenz schon früh angelegt war. Zugleich war in ihm die große Angst, Macht wieder verlieren zu können, daher musste er sich auszeichnen mit einem Mandat, dass viele Menschen nicht zu hinterfragen trauen: mit der Sendung Gottes.

Diese Behauptung hat Peter Wenz nun deutschlandweit verkündet. Man wird sehen.

Hier noch eine Ergänzung, die mir zugesandt wurde:

Die Urkirche war aber, wie der streitbare Heidelberger Exeget Klaus Berger in seinem neuen Buch "Die Urchristen" formuliert, in ihrer Amtsaufassung sehr nüchtern. Die Berufung des Mathhias als Nachfolger des Judas erfolgt durch das Los (Apg 1). Die Berufung der Diakone erfolgt durch Wahl (Apg. 6). Peter Wenz mag sich nun auf Paulus berufen, der in der Tat direkt nach seinem Damaskus-Erlebnis predigte (Apg 9). Allerdings besteht auch bei Paulus immer eine Rückbindung an die Institution Kirche (Apg. 15). Theologiegeschichtlich erinnert mich das alles an die Schwärmer. Der Kirchenhisoriker Karl Holl schreibt in seinem Aufsatz über Luther und die Schwärmer über den zentralen Gegensatz. Legen die Schwärmer wert auf die innere Erleuchtung (s. Wenz), so betont Luther Wort und Sakrament. Unterliegt letzteres der Gefahr der Formalisierung, so endet das bei ersten meistens im Unglück (s. Bockelson, Müntzer). Interessant, dass sich dieser Konflikt in der Erweckungsbewegung des 19. Jahrhunderts, die ja eine interessante Mischung aus Luthertum und Pietismus ist, in der Frage von Glaubensakt und Glaubensgegenstand fortsetzt (vgl. Pannenberg, Wolfhard: Problemgeschichte der neuern evangelische Theologie, Göttingen 1996).

2. In der ca. 12. Minute sagt Peter Wenz im Einzelinterview:
Zitat Peter Wenz:

»Wir sind als Gemeinde eben kein lascher lahmer Haufen, wo jeder macht, was er will, sondern, ich will mal eher sagen, verglichen mit einer Armee, mit einer Fußballmannschaft oder einem Basketballteam. Da gibt es bestimmt Regeln. Jeder hat seinen Platz irgendwo, seine Aufgaben, seine Rechte, seine Pflichten. Und nur so können wir als Mannschaft erfolgreich sein.«

3. In der ca. 35. Minute sagt Peter Wenz im Einzelinterview:
Zitat Peter Wenz:

»Also erstmal lieb ich Kinder und junge Leute. Ich mag sie einfach. Aber dann gibt es von der Bibel her einen Auftrag. Jesus hat z.B. gesagt: ›Lass die Kinder zu mir kommen, denn ihnen gehört das Königreich des Himmels.‹ Das heißt, wir haben eigentlich keine Wahl von der Bibel her. Aber ich lieb auch die Kinder. Und es gibt noch einen Grund. Kinder und Jugendliche sind extrem offen für alle möglichen Einflüsse, leider eben auch für viele negativen Einflüsse.«

4. In der ca. 15. Minute spricht Peter Wenz in Gegenwart seiner BGG-Zuhörerschaft von Apostelgeschichte 19, 19.

5. In der ca. 19. Minute spricht Peter Wenz in Gegenwart seiner BGG-Zuhörerschaft über die Entmachtung der bösen Mächte durch Jesus.

6. In der ca. 26. Minute spricht Peter Wenz in Gegenwart seiner BGG-Zuhörerschaft über die kranke Gesellschaft.

7. In der ca. 39. Minute sagt Peter Wenz in Gegenwart seiner BGG-Zuhörerschaft:
Zitat Peter Wenz:

»Du bist viel wichtiger als du denkst. Gottes Hand liegt auf deinem Leben.

Dass du hier dazukommen darfst überhaupt, ist ein Geschenk. Hier in so einer Gemeinde, in dieser Stadt, in dieser Region sein zu dürfen, ist das größte Vorrecht auf der Welt.

Unsere Vision ist es, dass jeder Mensch in der Stadt und im ganzen Land, in jeder Schule, an jedem Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft, die Chance hat, einmal zu hören, was Jesus für ihn getan hat.

Weißt du, wie dieses Ziel erreicht wird?
Indem jeder Einzelne von uns die Gelegenheit nutzt, die Gott ihm gibt, das Evangelium weiterzugeben und mit Menschen Freundschaften zu schließen, mit Menschen in Kontakt zu kommen, die das Evangelium noch nicht kennen.
Egal, wo Gott die Türen öffnet.
Und wenn jeder das tut: es wird eine unaufhaltsame Welle der Freisetzung der Kraft des Evangeliums in der ganzen Region sein. Die wird überschwappen nach Deutschland.

Die BGG ist eine Gemeinde, die sich mobilisieren lässt, den Willen Gottes zu tun und diese Ziele zu verfolgen.

Und ich möchte euch ermutigen. Und jetzt kommen die heißen Dinge:
Wenn ihr Mitglieder in dieser Gemeinde werden wollt, müsst ihr wissen: Wir sind ein riesen Rettungsschiff hier. Wir sind kein Vergnügungsdampfer, obwohl wir wahnsinnig viel Vergnügen und Freude hier haben. [Zuhörer sind ruhig]. Und an der richtigen Stelle gelernt haben, Amen zu sagen. Amen heißt nämlich: so ist es. Und ihr Lieben, so ist es. Gott kann über eine Nacht hinweg das ganze Angesicht Deutschlands verändern.«

Das aus meiner Sicht am meisten Problematische an dieser Ausage hab ich dieses Mal rot eingefärbt.

Hier wird das Elitedenken deutlich. Es ist nicht das größte Vorrecht der Welt, in "in so einer Gemeinde" wie der BGG zu sein. Die Gemeinde Jesu ist für alle Christen. Sie beginnt genau dort, wo zwei oder mehr im Namen Jesu zusammenkommen. Nach seiner unbiblischen Aussage fährt Peter Wenz fort, seine Zuhörer auf seine Vision einzustimmen. Als gegen Ende die Stille überwiegt, dressiert er den Neulingen ("wenn ihr Mitglieder in dieser Gemeinde werden wollt,...") das Ja-Sagen zu seinen Botschaften an. Nach einem vortrefflichem Zitat aus der Bibel darf man die Gemeinde schon mal zu einem Amen aufrufen, doch soll hier Amen gesagt werden zu Wenz' Vision. Das tut von den noch recht wachen Neulingen (noch) niemand. Besser ist es immer, wenn die Zuhörer ohne Aufforderung zustimmen bzw. protestieren. Das mit dem Überschwappen nach Deutschland ist eine den Erwartungsdruck steigernde Übertreibung. Alles auf die Evangelisation ausrichten ist einseitig. Das neue Gebot Jesu an seine Jünger war, dass Nichtchristen an ihrer Liebe zueinander erkennen sollen, dass sie von ihm gesandt wurden. Es ist natürlich nicht falsch als Gemeinde ein Schwergewicht auf Evangelisation zu legen, aber auch hier ist das Wie und die Freiwilligkeit entscheidend. Der Passus zeigt gut die offenbar angestrebte Fixierung der Vor-Mitglieder auf die Doktrin der BGG.

... wird fortgesetzt ...

(jh)