Kindesentzug

Gedächtnisprotokoll*

Deutschland 1989. Der junge Vater WH vermisst seinen Sohn. Ihm war das alleinige Sorgerecht vom Gericht zugesprochen worden. Nun ist das Baby spurlos verschwunden. Der Vater sucht überall. Auch seine Frau, mit der er in Trennung lebt, ist nicht mehr aufzufinden. Sie pflegt Beziehungen zur lokalen Freikirche. Verzweifelt wendet sich der Vater also an die leitenden Personen dieser Gemeinde.

“Wo ist mein Sohn?” fragte WH voller Sorge IE, den Pastor. Doch IE antwortet nicht und lässt ihn stehen. WH fragt noch weitere Gemeindemitglieder. Ohne Erfolg. Wieder zuhause bekommt er einen vertraulichen Hinweis. Zwar nicht den Aufenthaltsort seines Kindes, aber den Wink, dass die befragten Kirchenleute sehr wohl wissen, wo sich das Baby befindet.

WH ist sauer. Er stellt Pastor IE noch einmal zur Rede, doch der redet nicht, sondern flieht.

Nun wendet sich der Vater an X, einen Staranwalt. Der übernimmt das Mandat. Pastor IE wird wegen Teilhabe und Mitwissens beim Kindesentzug angeklagt.

Von jetzt an geht die Sache auch durch die Medien bis in den landesweiten Rundfunk.

Als Kind und Mutter plötzlich wieder da sind – sie hatten sich im Ausland versteckt – zieht der Vater die Anklage zurück.

WH ist über die Sache völlig zerbrochen. Später wird er entscheiden, dass die Mutter das Kind aufziehen darf. Er sieht seinen Sohn 20 Jahre nicht mehr. Dann findet ein erstes Wiedersehen statt, dem weitere folgen.

Pastor IE lässt in diesen zwei Jahrzehnten während der Gottesdienste nur selten eine Gelegenheit aus, die Mutter, die weiterhin die Gemeinde besucht, wegen der Sache offen zu schelten.

* Anonymisiert. Die Namen der Beteiligten sind cleansed.de bekannt.