Betrifft Lüge Nr. 30

Lüge

Anklagen, Richten, Verurteilen.

Immer wenn ich Unrecht nenne
oder Menschen kritisiere,
fliegen mir diese Begriffe um die Ohren. 

Antworten

Gegenwort:
Lasst uns reif sein und, wenn nötig, endlich unsere Leiter kritisieren!
An ihren Reaktionen wird schnell deutlich werden,
ob sie ein Machtproblem haben oder nicht.




Offenbar weil die Bibel einiges zum Richten sagt, beugt sich manch ein Christ demütig und vorschnell unter die Forderung eines geistlichen Leiters, wenn dieser einer Kritik mit solchen Schlagworten begegnet. Sehr schnell kommt dem Christen in den Sinn, dass er ja selbst gerichtet wird mit dem Urteil, das er über andere fällt. (Mt 7, 2 und Lk 6, 37 und Rö 2, 1); also lässt er bald davon ab und verbietet sich wohlmöglich selbst, über dieses strafbedrohte Thema weiter nachzudenken.

In dieser Drohkulisse wird auch gern Off 12, 10 herangezogen, der Verkläger unserer Brüder, der sie Tag und Nacht vor Gott verklagte, wobei es sich um Satan handelt. So wird schon zum ersten Male deutlich, welch ein Extremvergleich notwendig ist, um zu unserer Lügenaussage zu kommen.

Anklagen, Richten und Verurteilen sind auch, aber nicht nur, Begriffe aus dem Recht-(swesen), die oftmals weit an dem Ziel vorbeigehen, das jemand verfolgt, der kritisiert oder Unrecht nennt.

Anklagen (gr. auch verraten, zu erkennen geben, behaupten, aussagen) hat als Ziel ein Gericht (eine Verhandlung). Das Gericht hat als Ziel die Wahrheitsfindung und endet mit einem Urteilsspruch (verurteilen) und ggfs. Strafe:

Lukas 6, 7
Aber die Schriftgelehrten und Pharisäer lauerten darauf, ob er auch am Sabbat heilen würde, damit sie etwas fänden, ihn zu verklagen.

Die Kritik hingegen hat als Ziel nicht das Gericht für den Angesprochenen. Kritik ist Beanstandung bezogen auf eine Sache oder ein Handeln oder ein Verhalten. Und es ist nicht gleich immer eine Sünde, die Anlass zur Kritik gibt, sondern wir haben unterschiedliche Auffassungen in oft ganz alltäglichen Dingen. Wir setzen uns auseinander, wir tragen Zweifel vor, wir widersprechen.

Kritik führt normalerweise zu einem Dialog und sollte zu einer Einigung führen können. Für Christen jedenfalls sollte daraus kein Rechtsstreit (s.u.) werden. Reife Menschen können in Liebe und gegenseitiger Achtung miteinander (weiter-)leben, auch wenn sie in einzelnen Dinge verschiedener Ansicht sind und Kritik an einander haben.

Unrecht nennen ist ethische Christenpflicht.

Wer einem Bruder wegen dessen Sünde überführt (Mt 18, 15ff), wäre nach dem Geist der obenstehenden Behauptung, schon ein Ankläger. Zutreffener ist wohl das Wort Zeuge, denn er wird ja Zeuge der Sünde eines anderen. So geht also jemand, der Zeuge einer Sünde wurde, zu seinem Bruder und zeigt ihm dieses, um ihn zu gewinnen.

Das Ziel von Gemeindezucht ist nicht Strafgericht, sondern dass der sündig gewordene Mitchrist umkehrt und die übrige Gemeinde beschützt wird.

Ein offenes Herantragen, dieses Überführen, ist im AT Merkmal freundschaftlicher Liebe und echter Fürsorge:

Sprüche 27, 5-6
5 Liebe, die offen zurechtweist, ist besser als Liebe, die sich ängstlich zurückhält.
6 Ein Freund meint es gut, selbst wenn er dich verletzt; ein Feind aber schmeichelt dir mit übertrieben vielen Küssen.

Sprüche 28, 23
Wer einen anderen zurechtweist, wird letzten Endes mehr Dank bekommen als jemand, der den Leuten nur nach dem Munde redet.


Richten – um bewusst beim diesem Wort zu bleiben – nicht auch Eltern ihre Kinder? Sie beurteilen das Verhalten der Kinder, greifen ein und strafen sogar. Etwa um sie zu verdammen oder zu schädigen?


Oder sollen bsp. Straftäter größerer Delikte nicht mehr bestraft werden und ungehindert weiter stehlen und töten dürfen?

Die Richter sind bei ihrer Entscheidungsfindung an Recht und Gesetz gebunden. Sie richten nicht etwa nach ihren eigenen Vorstellungen, sondern nach denen des geltenden Gesetzes.

Wir sollten uns durch Begriffe wie Anklagen, Richten, Verurteilen niemals Bange machen lassen. Damit zeigen wir nur, dass wir so etwas wie ein schnelles Gottesgericht fürchten, wenn wir dieses Gebiet nur tangieren.
Aus Rede- und Denkverboten geht keine Reife hervor. Warum nicht – mit Gott und seinem Wort – dieses Themengebiet erforschen, und zu einer eigenen Einstellung kommen? Verdammnis gibt es doch keine mehr!

Richten hat gr. allg. Bedeutungen wie: unterscheiden, den Vorzug geben, gutheißen, sich halten für, für ...erklären, schlecht machen, entscheiden, urteilen, in Abwandlungen auch untersuchen, prüfen. Juristisch hat Richten gr. die Bedeutungen: richten, vor Gericht ziehen, verurteilen, strafen und streiten.

Christen haben durchaus auch den Auftrag zu richten. Das ist Teil der großen Verantwortung, die uns anvertraut ist. (Wobei es merkwürdig anmutet, wenn jemand sich um das Richten geradezu reißt.) Der folgende Bibeltext beschreibt, in welchem Umfang der Gemeinde das Ausrichten des göttlichen Gerichtes übergeben ist:

1. Korinther 6
1 Wagt es wohl jemand unter euch, der einen Rechtshandel mit einem anderen Bruder hat, vor den Ungerechten sein Recht zu suchen und nicht vor den Heiligen?
2 Oder wisst ihr nicht, dass die Heiigen die Welt richten werden? Wenn nun die Welt von euch gerichtet wird,
seid ihr dann für so geringfügige Rechtssachen unzuständig?
3 Wisst ihr nicht, dass wir Boten richten werden, geschweige denn Angelegenheiten des täglichen Lebens?
4 Wenn ihr nun schon Rechtssachen in Lebensbedürfnissen zu schlichten habt, wieso lasst ihr dann jene
zu Gericht sitzen, die in der herausgerufenen Gemeinde für nicht zuständig gehalten werden?
5 Zu eurer Beschämung sage ich das! Es gibt also unter euch keinen einzigen weisen Schiedsrichter, der strittige Angelegenheiten inmitten seiner Brüder würde beurteilen können!

Es gibt aber ein Richten, dass uns nicht zusteht. Jenes, das sich zuerst in uns abspielt, in den Gedanken, und das auch leider manchmal über unsere Lippen kommt: Wenn wir ein Urteil über jemanden fällen (verurteilen), wenn wir aussprechen, wie jemand bestraft werden müsste, also was er nach unserem Geschmack verdient hätte (»Lass Feuer regnen!«) Oder wir sehen jemanden, der nach vielen Untaten selbst ein Unglück erleidet, und wir sagen dazu: »Das hat er verdient.« Das letzere spielt in die Schadenfreude (Spr 24, 17-18) hinein. Das setzt voraus, dass wir uns sicher sind, ein tragisches Ereignis im Leben eines anderen Menschen als quasi direkte Folge seiner Untaten (als Gottesgericht) identifizieren zu können. Vielleicht ist das manchmal auch so. Aber die Freude gehört da nicht hin. Denn Gott hat keinen Gefallen am Tod der Gottlosen, wieviel weniger wohl am Leid seiner Kinder?

Dieses Richten, das uns nicht zusteht, ist allein Gott vorbehalten. Gott und Jesus allein sieht die Bibel als Weltenrichter an.

Einen grundlegenden Status der Gerechtigkeit vor Gott erhält der Mensch durch den Glauben an den Sohn Gottes. Dieser Status macht nicht perfekt im Handeln und Leben, er ist kein Freibrief zum Sündigen. Er macht uns nicht zu unfehlbaren Richtern. Er ist das reine Verdienst Jesu, dass uns Christen geschenkt wurde.

Jesus sagte den Juden, Joh 7, 24: »Richtet nicht nach dem Äußeren, sondern richtet gerechtes Gericht!«

Und da hapert es bei uns Menschen: beim gerechten Richten. Darum, wenn Christen zu richten haben, so halten sie sich an das Wort, haben Einheit in der Sache mit Brüdern und Schwestern und vergessen Barmherzigkeit nicht, die über das Gericht triumphieren kann, wenn es angebracht ist und man sie lässt. Die zeitliche Strafe, die aus dem Gericht hervorgeht (die ewige Strafe trug Jesus Christus), ist manchmal nicht zu vermeiden, doch ist auch sie noch Barmherzigkeit, die zur Besserung führen will.

Das Thema ist nun schon etwas länger geworden. Gäbe es ein Buch, das dieses Thema mal richtig konsequent aufrollte, kann meiner Meinung nach nur eine große Freiheit für Christen dabei herauskommen. Und wahrscheinlich der oft fehlende Mut, Stellung zu beziehen.

Noch viel Interessantes ist zu untersuchen, z.B.

Als Saulus die Christen verfolgte und einsperren ließ, und die fliehenden Christen damals untereinander gesagt hätten: »Der Saulus hasst die Christen.« Hätte sie damit in sündiger Weise gerichtet?

Die Worte Johannes der Täufer in Mt 3, 7

Des Stephanus Worte in Apg 6

Anklagt und richtet Petrus in Apg 5 (Hananias und Saphira) ?

Unsere Lügenaussage würde ich als massiven Missbrauch von Gottes Wort einstufen.
Der typische Missbraucher der Worte Gottes in der Bibel ist Satan.



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