Zeugnis von Bob


Vorgeschichte:

Bob und seine Frau waren von Jugend an in Gemeinden. Sie hatten selbst leitende Funktionen gehabt. In ihren späten Zwanzigern, waren sie durch geistliche Missbrauchserfahrungen zerstört. Sie verliessen ihre damalige Gemeinde und wussten nicht weiter. Ein Freund der beiden empfahl ihnen eine Gemeinde.

Bob erzählt nun selbst:

Damals war ich verletzt und ließ niemanden an mich herankommen.

Wir gingen nicht zu jener Gemeinde, weil wir gehört hatten, dass es ein großartiger Ort sei, sondern einfach weil der Freund sagte: »Geht mal dorthin« . Rein aus Wertschätzung meinem Freund gegenüber ging wir dorthin.

Was mich wirklich dort berührte, war, dass es ein Umfeld war, das ganz anders war, als ich es gewohnt gewesen war.

Zuerst einmal: dort gab es keinen Druck, ich verspürte keinen Druck.

Dort gab es keinen Zwang, etwas darzustellen.

Was mir wirklich auffiel: es war nicht ersichtlich, wer die Leitung innehatte. Alle sahen gleich aus.

Bisher kannte ich Gemeinden so, dass es einem sehr schnell klar wurde, wer die Leiter waren.

Da waren dann für gewöhnlich 10 Plätze in der ersten Reihe, meist farblich voneinander abhoben, und diese 10 anders als alle übrigen Sitzplätze.

Wer war hier also der Leiter?

Das Lobpreisteam sah aus, als hätte man sie von der Strasse aufgesammelt. Sie gingen dann auf die Bühne und sangen.

Ich fühlte mich sicher und bin überzeugt, das wir einen Ort finden sollten, der sicher für uns ist.

Und den gibt es auch.

Ich hatte genug Bibelkenntnis, um zu wissen, dass Gemeinden ein recht guter Ort sein können für die Erziehung von Kindern. Also dachte ich, es wär gut, sich dort anzuschließen.

Wir kamen dann immer spät und gingen früh.

Das ist ja auch ganz typisch für geistlich Missbrauchte. Vor dieser Erfahrung kommst du früh, setzt dich nach ganz vorn. Du bist hungrig. Dann - mit zunehmender Verletzung setzt du dich immer weiter nach hinten. So ging es uns.

Also setzten wir uns in dieser neuen Gemeinde direkt nach ganz hinten. Ich wollte dort einfach nur »ruhig sterben« und vermeiden, dass mich irgendjemand störte.

Nachdem einige Monate dort nun vergangen waren, hatte ich noch keine Predigt über Zehnten gehört, nichts darüber, dass du irgendwas zu tun hättest, nichts mit Druck zum Opfern, oder dass »Visionen haben« eine Pflicht wäre.

Aber was ich hörte: ich hörte Lehren über die Gnade Gottes. Für mich waren diese Lehren bei den Anfängen einzuordnen, eben für Leute, die gerade wiedergeboren werden oder wurden.

Ich empfing dort einfache Sätze wie: »Weisst du: Jesus liebt dich wirklich. Nur um deinetwillen. So wie du bist.«

Ich kannte das ja schon, aber in meinen Herz wurde da was angerührt. Was passierte hier: Gottes bedingungslose Liebe wurde gezeigt.

Wir machten dort wie gewohnt weiter: taten nichts, gaben kein Geld. Ich wartete innerlich schon darauf, dass jemand zu uns käme, um zu sagen, was wir jetzt zu tun hätten.

Wir hatten wohl Gemeinschaft mit einigen dort. Und auch mit dem Pastorenehepaar - Jeff und Conny- , für die wir die »verletzen Krieger« waren. Jeff sagte mir mal, er hätte in seinem ganzen über 20 Jahre dauernden Dienst nie jemanden erlebt, der durch Gemeinde so zerstört worden war, wie meine Frau und ich. Und wir waren ja wirklich kaputt, als wir dort ankamen. Wir lebten in ängstlicher Erwartung der nächsten Menschen, die uns wehtun wollten.

Als wir nun dort einige Monate in uns aufgenommen hatten, dass Gott uns liebt, zerschmolz das Eis. Ich ging eines Tages so durch die Gemeinde, als Conny (die Pastorenfrau) zu mir kam. Sie sagte: »Bob ich will kurz mit dir reden.«

Hier muss ich noch einschieben: Immer wenn zur der Zeit jemand uns so begegnete, bekam meine Frau ein böses Gesicht und fragte: Was will der oder die jetzt von uns? Sie sagte mir mal: »Bob, ich schäme mich ja so. Ich kann da nichts dran machen. Immer erwarte ich, dass jemand kommt und uns sagt, was wir jetzt zu tun hätten.«

Also weiter: von Conny erwartete ich nun genau das. Sie sagte zu mir: »Ich möchte nur etwas sagen.« Ich sagte »Was?«. »Bob,« fuhr sie fort »wenn wir jemals etwas sagen, dass euch verletzt oder beleidigt - habt die Freiheit mit uns darüber zu sprechen.«

Ich war so voller Erstaunen. Ich konnte meinen Ohren nicht trauen. Niemals zuvor hatte ich einen Leiter so etwas sagen hören. Das ist doch nicht üblich, oder? Konnte es wahr sein? Ich konnte es einfach nicht fassen. Ich stand nur da und stammelte: »Ok...« , als sie dann weiterging.

Was tat Gott? Er zeigte uns seine bedingungslose Liebe durch Leiter. Damit erwärmte er mein Herz. Es war Verletzbarkeit gewesen, die Missbrauch zuließ - es ist Verletzbarkeit, die Heilung ermöglicht. Es waren missbrauchende Leiter und Strukturen, die mir den Zusammenbruch zugefügt hatten. Nun war es dienende Leiterschaft, die mein Herz wieder öffnete. Gott ist erstaunlich.

Wir blieben weiter dort in der Gemeinde. Was ich gerade erzählte, hat mich schon umgehauen, doch was dann geschehen sollte, machte mich fast dem Erdboden gleich.

Eines Tage war ich mit Jeff, dem Pastor zusammen. Wir unterhielten uns. Ich wartete wieder, dass er nun sagen würde. »Jetzt musst du dies oder das machen.« Oder dass er fragte: »Bob, gibst du den Zehnten?« Nein - so kam es nicht. Jeff wandte sich zu mir und sprach: »Bob, ich möchte, dass du eines weisst: Auch wenn du in dieser Gemeinde niemals irgendwas tun wirst, sollst du wissen: du bist hier in jeder Hinsicht uneingeschränkt geliebt und angenommen.«

Ich sage euch: das gab mir den Rest. Ich zerbrach. Was war das? Es war Gottes bedingungslose Liebe. Ich konnte das nicht glauben, dass sowas möglich ist. Gott benutzte dienende Leiterschaft. Die Heilung kam nicht durch Conny oder Jeff, sondern Jesus durch sie befähigte mich, wieder atmen zu können und wieder zu leben. Der einzige Weg ist: aus Missbrauch herausgeliebt zu werden. Das Evangelium ist das Evangelium der Freiheit.