Betrifft Lüge Nr. 16

Lüge


"Du bist ja bitter." wird dir vorwurfsvoll gesagt, wenn du Enttäuschung zeigst und etwas ansprichst, was dir nicht gefiel oder dich verletzt hat.


Mit diesen Worten geben sie dir die schamerzeugende Botschaft:
"Wie groß und berechtigt dein Leid und deine Klage darüber auch sein mag - das hat gar keine Bedeutung - gemessen an deiner Bitterkeit."

 

Antworten

Diese Lüge hat sich sehr verbreitet. Wer dieses Wort so gebraucht hat, muss sich bewußt machen, dass ein solcher Umgang mit Leidenden dem Charakter nach sehr ähnlich dem ist, was die Soldaten Jesus entgegenhielten:

"Bist du der Juden König, so hilf dir selber."

Ja, eigentlich trägt ein solches Wort Bitterkeit in sich. Heute würden wir wohl "zynisch" sagen.

Mit dem "du bist ja bitter" geht oft das Zitat einer Bibelstelle aus dem Hebräerbrief einher:

Und sehet darauf, daß nicht jemand die Gnade Gottes versäume, daß nicht etwa eine bittere Wurzel aufwachse und Störungen verursache und viele dadurch befleckt werden, (Hebräer 12, 15)

Dieses Wort von der bitteren Wurzel wird ganz aus dem Zusammenhang gerissen und Mitchristen entgegengehalten, die Enttäuschung und Schmerz zeigen.

Die Hebräerstelle korrespondiert mit einer Stelle aus Mose:

Laßt ja nicht einen Mann oder eine Frau, ein Geschlecht oder einen Stamm unter euch sein, dessen Herz sich heute abwendet von dem HERRN, unserm Gott, daß jemand hingehe und diene den Göttern dieser Völker. Laßt unter euch nicht eine Wurzel aufwachsen, die da Gift und Wermut hervorbringt. (5 Mose 29, 17)

Zehn bis zwanzig Minuten Bibellektüre dieser zwei Stellen reichen aus, um beim Lesen der Zusammenhänge zu erkennen, dass hier eine Bitterkeit gemeint ist, die von abgefallenen Menschen als verderblicher Einfluss in die Gemeinde fliesst, wenn diese dort geduldet werden.

Damit gibt es keinen Grund, verletze Mitchristen mit "du bist ja bitter" zu bedrohen.

Tatsächlich gibt es eine Anwendung eines derartigen Vorwurfs in der Bibel: Petrus sieht "Galle der Bitterkeit" in Simon dem Zauberer, der das Taufens mit Heiligem Geist mit Geld erkaufen will. (Apg 8).
Alle drei Stellen zeigen: wer Bitterkeit hervorbringt, schöpft diese offenbar aus der Finsternis, also aus dem Bösen. Das ist zutreffend für Abgefallene, für Ungläubige und hier trifft es zu für Simon, der nach seiner Bekehrung noch nicht aufrichtig geworden, sondern gefangen war von den Zauberei, die er bisher hauptberuflich betrieben hatte.

Bitterkeit als Seelenzustand gehört wohl offenbar zum Menschsein. Gerade im AT zeigt es an, dass Menschen übersättigt werden können mit bitterem Schmerz und Lebenserfahrungen (Hiob), so dass etwas wie Resignation vorherrscht, ein verständlicher Überdruss, den die Bibel aber keineswegs verurteilt. Gott stellte auch Hiob wieder auf die Beine. Wie falsch waren die Reden der Freunde Hiobs, die unbedingt eine Schuld bei ihm finden wollten, um seine Leiden verstandesgemäß erklärbar zu machen.

Dem Leidenden ist niemals Bitteres zu verabreichen, sondern:

Gebet (Apg 12, 5; Phil 1,16.19; Jak 5, 14-16)
Mitgefühl (Röm 12, 15; Gal 6,2)
Bedauern (Hi 6, 14)
Gedenken (Hebr 13, 3)
Besuchen (Jak 1, 27)
Trösten (Hi 16, 5; 29, 25; 2 Kor 1, 4; 1 Th 4, 18)
Erleichterung verschaffen (Hi 31, 19-20; Jes 58, 10; Phil 4, 14; 1 Tim 5, 10)
Beschützen (Ps 82, 3; Spr 22, 22; Spr 31, 5)



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